Essays on higher education and the housing market

verfasst von
Johannes Göhausen
betreut von
Stephan Lothar Thomsen
Abstract

Die Hochschulbildung hat in den letzten Jahrzehnten weltweit ein enormes Wachstum erfahren. Angesichts der grundlegenden Bedeutung von Bildung verfolgen viele Staaten langfristige Strategien zur Stärkung ihrer Hochschulsysteme, wie z.B. den Bologna-Prozess. Gleichzeitig haben Veränderungen im Hochschulwesen eine inhärente regionale Dimension und stehen in enger Wechselwirkung mit Arbeits- und Wohnungsmärkten. Diese Dissertation leistet einen Beitrag zum Verständnis dazu, wie sich Veränderungen und Reformen im Hochschulsystem und auf dem Wohnungsmarkt (Bologna-Prozess, Bildungsexpansion, Immobilienpreisboom) auf individuelle Bildungsentscheidungen und Arbeitsmarkterträge auswirken. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Anpassungen innerhalb regionaler Hochschul- und Wohnungsmärkte. Kapitel 2 gibt einen systematischen Überblick über die quantitative empirische Literatur zu den Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf verschiedene Ergebnisgrößen entlang des Studienverlaufs (Einschreibung, Studienerfolg und Arbeitsmarkterträge). Wir stellen fest, dass die Literatur überraschend dünn, selektiv und ambivalent ist. In Ländern, in denen die Reform schneller umgesetzt wurde, scheinen die Einschreibungen zugenommen zu haben. Im Gegensatz dazu sind die Befunde in Bezug auf den Studienerfolg gemischt. Die Ergebnisse zu den Arbeitsmarkterträgen sind wiederum konsistenter: BA-Absolvent*innen erzielen tendenziell niedrigere Arbeitsmarkterträge als Absolvent*innen mit Abschlüssen aus der Zeit vor der Reform oder MA-Absolvent*innen. Insgesamt lassen die Studien oftmals keine kausalen Schlüsse zu, was evidenzbasierte Anpassungen bei der Umsetzung der Reform erschwert. In Kapitel 3 untersuchen wir die Auswirkungen der Einführung von Bachelor-Studiengängen im Zuge des Bologna-Prozesses auf das duale Ausbildungssystem in Deutschland, in dem drei von zehn Auszubildenden über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen. Wir nutzen regionale und zeitliche Variation in der Einführung der Reform aus und verwenden administrative Studierenden- und Arbeitsmarktdaten. Die Umsetzung der Reform hat die Zahl der neuen Auszubildenden mit Hochschulzugangsberechtigung erheblich reduziert. Davon betroffen waren vor allem kaufmännische Ausbildungsberufe. Die Betriebe substituierten nicht durch weniger gut ausgebildete Auszubildende, sondern ersetzten das geringere Angebot an neuen Auszubildenden mit Hochschulzugangsberechtigung langfristig teilweise durch Hochschulabsolvent*innen. Kapitel 4 analysiert die Auswirkungen der jüngsten Bildungsexpansion auf die frühen Erwerbsverläufe von Berufseinsteiger*innen in Deutschland. Wir verwenden detaillierte individuelle Daten zu Erwerbsbiographien und nutzen die unterschiedliche Betroffenheit der Eintrittskohorten von der Expansion im Zeitverlauf und zwischen verschiedenen Regionen aus. Wir finden geringe negative Effekte auf die Einstiegslöhne, insbesondere für Hochqualifizierte. Mit zunehmender Berufserfahrung nimmt dieser Effekt jedoch ab und wird leicht positiv, mit starken positiven Spillover-Effekten für Geringqualifizierte. Die Dynamik der Effekte ergibt sich aus zwei gegenläufigen Mechanismen: Angebots- (cohort crowding) und Nachfrageeffekte (skill- and routine-biased technological change). Kapitel 5 beschäftigt sich mit der Rolle regionaler Angebots- und Nachfragefaktoren im deutschen Immobilienpreisboom zwischen 2008 und 2021. Anhand von qualitätsbereinigten Wohnungspreisdaten auf Kreisebene zeigen wir, dass regionale Fundamentaldaten bis zu zwei Drittel der Variation zwischen den Regionen und 77 bis 87 Prozent der Variation innerhalb der Regionen im Preiswachstum erklären. Der Preisanstieg fällt hauptsächlich mit Veränderungen der lokalen Nachfragefaktoren zusammen, insbesondere der Bevölkerungsdichte und des Akademikeranteils. Wir identifizieren jedoch auch systematische Variation über die Fundamentalfaktoren hinaus (Überbewertung der Top-7-Städte, Pfadabhängigkeit und räumliche Spillover-Effekte). Dies interpretieren wir als Beleg für Spekulation, die Präferenz von Anleger*innen für liquide Märkte und begrenzte Rationalität. In Kapitel 6 werden die Auswirkungen von Mietpreisänderungen auf die Studienanfängerquoten untersucht. Wir nutzen Unterschiede zwischen den deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten hinsichtlich der Höhe und des Zeitpunkts lokaler Mietpreissteigerungen in den 2010er Jahren aus. Wir finden, dass ein Anstieg der Wohnungsmieten zu einem signifikanten Rückgang der Studienanfängerquoten geführt hat. Dieser Rückgang ist insbesondere auf Studienanfänger*innen zurückzuführen, die aus weiter entfernten Orten stammen. Zudem ist der Rückgang in weniger dicht besiedelten Gebieten besonders ausgeprägt. Die Wohnkosten, die den größten Anteil an den Ausgaben der Studierenden ausmachen und einen wichtigen Standortfaktor darstellen, haben daher in einigen Regionen zu einer Verlangsamung der Bildungsexpansion und zu einer Verringerung der qualifikationsbindenden Wirkung von Hochschulen geführt.

Organisationseinheit(en)
Institut für Wirtschaftspolitik
Typ
Dissertation
Anzahl der Seiten
304
Publikationsdatum
25.09.2024
Publikationsstatus
Veröffentlicht
Ziele für nachhaltige Entwicklung
SDG 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinschaften
Elektronische Version(en)
https://doi.org/10.15488/17990 (Zugang: Offen)