Determinanten für die Diagnosestellung einer ADHS-Eine Analyse anhand von GKV-Routinedaten

verfasst von
Mike Klora, Jan Zeidler, Roland Linder, Bernhard Kis, Philipp Heβmann, Frank Verheyen, J. Matthias Graf Von Der Schulenburg
Abstract

Hintergrund und Ziel der Studie
Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Untersuchungen zu den soziodemographischen Einflussgrößen auf die Diagnosestellung einer ADHS-Erkrankung, obwohl die Kenntnis dieser Merkmale bedeutend für das diagnostische Prozedere und die Ausgestaltung von Präventionsprogrammen sein kann. Unser Ziel war es daher, die Evidenz zu den Einflussgrößen einer ADHS-Diagnose zu erweitern und Hinweise dafür zu geben, welchen Einfluss die familiäre Vorbelastung mit psychiatrischen Diagnosen und soziodemographischen Faktoren haben.

Material und Methoden
Durch ein 3:1 Kontrollgruppendesign mit Daten der Techniker Krankenkasse wurden psychosoziale, regionale und demographische Einflussfaktoren deskriptiv und anhand einer logistischen Regression untersucht. Die unabhängigen Variablen bestanden aus Alter, Geschlecht, Region und Komorbiditäten der Patienten, dem sozioökonomischen Berufsstatus und dem Bildungsniveau der Mitglieder, den psychiatrischen Diagnosen der Eltern sowie dem Alter der Eltern bei der Geburt der Kinder (Variablen des Familienhintergrunds).

Ergebnisse
Es wurden 9.881 ADHS-Patienten mit einem Durchschnittsalter von 14,9 Jahren [SD: 12,6] identifiziert. Anhand dieser umfassenden Stichprobe konnte bestätigt werden, dass das ADHS-Risiko bei männlichen Patienten höher liegt als bei weiblichen Patientinnen (OR: 2,3 [95%-KI: 2,2–2,5]). Ein mittlerer oder höherer Bildungsabschluss eines Mitglieds war mit niedrigerem Risiko einer ADHS-Diagnose im Vergleich zur Referenzkategorie niedriger Bildungsstatus verbunden (OR: 0,78 [95%-KI: 0,70–0,89] bzw. OR: 0,55 [95%-KI: 0,47–0,63]). Zudem erhöhte sich das ADHS-Risiko mit höherem Alter der Eltern sowie bei Vorliegen von psychiatrischen Diagnosen dieser (OR: 1,02 [95%-KI: 1,01–1,03] bzw. OR: 2,09 [95%-KI: 1,95–2,25]). Für den sozioökonomischen Beschäftigungsstatus konnte kein eindeutiger Zusammenhang nachgewiesen werden.

Diskussion
Das Wissen um soziodemographische Einflussfaktoren kann die Diagnosestellung unterstützen und Hinweise zur Entwicklung individueller Präventions- und Therapiekonzepte geben.

Organisationseinheit(en)
Institut für Gesundheitsökonomie
Institut für Versicherungsbetriebslehre
Externe Organisation(en)
Georg-August-Universität Göttingen
Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG)
Typ
Artikel
Journal
Fortschritte der Neurologie Psychiatrie
Band
87
Seiten
47-56
Anzahl der Seiten
10
ISSN
0720-4299
Publikationsdatum
2019
Publikationsstatus
Veröffentlicht
Peer-reviewed
Ja
ASJC Scopus Sachgebiete
Neurologie, Klinische Neurologie, Psychiatrie und psychische Gesundheit
Ziele für nachhaltige Entwicklung
SDG 3 – Gute Gesundheit und Wohlergehen
Elektronische Version(en)
https://doi.org/10.1055/s-0043-124591 (Zugang: Geschlossen)