Improving Usability of Weather Radar Data in Environmental Sciences

Potentials, Challenges, Uncertainties and Applications

verfasst von
Jennifer Kreklow
betreut von
Gerald Kuhnt
Abstract

Niederschlag ist ein wesentlicher Antrieb vieler Umweltprozesse und weist eine hohe räumliche und zeitliche Variabilität auf. Die traditionellen, weit verbreiteten punktuellen Messungen mit Ombrometern sind nicht in der Lage, die räumliche Niederschlagsverteilung flächendeckend zu erfassen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich mit dem Wetterradar eine neue Messtechnik etabliert, die in der Lage ist, flächenhafte Niederschlagsinformationen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu erfassen und die Niederschlagsüberwachung auf ein neues Niveau zu heben. Radar ist jedoch eine indirekte Fernerkundungstechnik. Niederschlagsraten und -verteilungen werden aus gemessenen Reflektivitäten abgeleitet, die einer Reihe von potenziellen Fehlerquellen unterliegen. In den letzten Jahren überschritten mehrere nationale Radardatenarchive eine Zeitreihenlänge von zehn Jahren. Es wurden mehrere neue Radarklimatologie-Datensätze abgeleitet, die weitgehend konsistente, gut dokumentierte Radarprodukte zur quantitativen Niederschlagsschätzung liefern und neue klimatologische Anwendungsfelder für Radardaten eröffnen. Neben Unsicherheiten bezüglich der Datenqualität und der Niederschlagsquantifizierung gibt es jedoch eine Vielzahl technischer Barrieren, die potenzielle Nutzer von der Verwendung der Radardaten abhalten können. Zu den Herausforderungen gehören beispielsweise unterschiedliche proprietäre Datenformate, die Verarbeitung großer Datenmengen, ein Mangel an einfach zu bedienender und kostenloser Software, zusätzlicher Aufwand für die Bewertung der Datenqualität und Schwierigkeiten bei der Georeferenzierung der Daten. Diese Dissertation liefert einen Beitrag zur Verbesserung der Nutzbarkeit radarbasierter quantitativer Niederschlagsschätzungen, zur Sensibilisierung für deren Potenziale und Unsicherheiten und zur Überbrückung der Kluft zwischen der Radar-Community und anderen wissenschaftlichen Disziplinen, die der Nutzung der Daten immer noch eher zögerlich gegenüberstehen. Zunächst wurde eine GIS-kompatible Python-Bibliothek entwickelt, um die Verarbeitung von Wetterradardaten zu erleichtern. Die Bibliothek verwendet einen effizienten Workflow, der auf weit verbreiteten Werkzeugen und Datenstrukturen basiert, um die Rohdatenverarbeitung und das Zuschneiden der Daten zu automatisieren. Alle Routinen wurden für die operationellen deutschen RADOLAN-Kompositprodukte (“RADar OnLine Aneichung”) und den reanalysierten Radarklimatologie-Datensatz (RADKLIM) umgesetzt. Darüber hinaus bietet das Paket Funktionen für die zeitliche Datenaggregation, die Identifikation und Zählung von Starkregen sowie den Datenaustausch mit ArcGIS. Das Python-Paket wurde als Open-Source-Software namens radproc veröffentlicht. Radproc bildet die methodische Grundlage für alle nachfolgenden Analysen dieser Studie und wurde zudem bereits erfolgreich von mehreren wissenschaftlichen Arbeitsgruppen und Studenten zur Analyse von Starkregen und zeitlichen Aggregierung von Radardaten eingesetzt. Des Weiteren wurden in dieser Arbeit die Entwicklung, Unsicherheiten und Potentiale der stündlichen RADOLAN- und RADKLIM-Kompositprodukte im Vergleich zu Ombrometerdaten analysiert. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass beide Radarprodukte die Gesamtniederschlagssummen und inbesondere Niederschläge hoher Intensität tendenziell unterschätzen. Die Analysen zeigten jedoch auch signifikante Verbesserungen im Verlauf der RADOLAN-Zeitreihe sowie deutliche Qualitätsverbesserungen durch die klimatologische Reanalyse, insbesondere im Hinblick auf die Korrektur typischer Radarartefakte, orographischer und winterlicher Niederschläge sowie der entfernungsabhängigen Abschwächung des Radarsignals. Die Anwendbarkeit der Auswertungsergebnisse wurde durch die Veröffentlichung eines Geodatensatzes zum Niederschlagsvergleich für die RADOLAN-, RADKLIM- und Ombrometer-Datensätze untermauert. Der Vergleichsdatensatz ist eine Sammlung von Niederschlagsstatistiken sowie verschiedener Parameter, die die Qualität der Radardaten potenziell beeinflussen können. Er ermöglicht einen einfachen Vergleich und eine Analyse der verschiedenen Niederschlagsdatensätze und kann die Entscheidung von Anwendern unterstützen, welcher Niederschlagsdatensatz für die jeweilige Anwendung und das jeweilige Untersuchungsgebiet am besten geeignet ist. Der Workflow für die Ableitung des Vergleichsdatensatzes wurde ausführlich beschrieben und kann als Leitfaden für individuelle Datenverarbeitungsaufgaben und als Fallstudie für die Anwendung der radproc-Bibliothek dienen. Darüber hinaus wurde eine Fallstudie zur Anwendung von Radar-Komposits für die Abschätzung der Erosivität des Niederschlags durchgeführt. Dazu wurden RADKLIM-Daten und Ombrometerdaten mit einer zeitlichen Auflösung von 5 Minuten verwendet, um verschiedene Methoden zur Abschätzung der Niederschlagserosivität zu vergleichen, die in der Erosionsschutzpraxis Anwendung finden. Ziel war es, die Auswirkungen der Methodik und des Klimawandels sowie der Auflösung, Qualität und der räumlichen Ausdehnung der Eingabedaten auf den R-Faktor der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung zu bewerten. Darüber hinaus wurden von anderen Studien vorgeschlagene Korrekturfaktoren im Hinblick auf ihre Fähigkeit getestet, unterschiedliche zeitliche Auflösungen von Niederschlagsdaten und die Unterschätzung des Niederschlags durch Radardaten zu kompensieren. Die Ergebnisse haben deutlich gezeigt, dass die R-Faktoren aufgrund des Klimawandels erheblich zugenommen haben und dass die aktuellen R-Faktor-Karten unter Verwendung neuerer, flächendeckender und räumlich höher aufgelöster Niederschlagsdaten aktualisiert werden müssen. Die Radarklimatologiedaten zeigten ein hohes Potenzial zur Verbesserung der Abschätzung der Niederschlagserosivität, aber aufgrund der vergleichsweise kurzen Zeitreihe und einiger Radarartefakte auch gewisse Unsicherheiten in der räumlichen Verteilung des R-Faktors. Die Anwendung von Korrekturfaktoren zur Kompensation der Unterschätzung des Radars führte zu einer Verbesserung der Ergebnisse, allerdings konnte eine mögliche Überkorrektur nicht ausgeschlossen werden, wodurch weiterer Forschungsbedarf bezüglich der Datenkorrektur aufgezeigt wurde. Diese Arbeit schließt mit einer Diskussion der Rolle von Open-Source-Software, frei verfügbarer Daten und der Umsetzung der FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Re-usable) für die deutschen Radar-Produkte zur Verbesserung der Nutzbarkeit von Radarniederschlagsdaten. Abschließend werden praktische Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Bewertung der Qualität radarbasierter quantitativer Niederschlagsschätzungen in einem bestimmten Untersuchungsgebiet gegeben und mögliche zukünftige Forschungsentwicklungen aufgezeigt.

Organisationseinheit(en)
Institut für Physische Geographie und Landschaftsökologie
Arbeitsgruppe Physische Geographie
Typ
Dissertation
Anzahl der Seiten
114
Publikationsdatum
2020
Publikationsstatus
Veröffentlicht
Ziele für nachhaltige Entwicklung
SDG 13 – Klimaschutzmaßnahmen
Elektronische Version(en)
https://doi.org/10.15488/10144 (Zugang: Offen)